Ägyptisch Blau trifft Seladon und Ochsenblut.
(Einführung in die Ausstellung "JOCHEN RÜTH - GEFÄSSE "im Töpfermuseum Duingen von Margret Faita)
Die Ausstellung von Tonfiguren aus der Antikensammlung „Pelizaeus“
ist beendet. Nur eine Wandfläche in tiefblau erinnert noch.
Jetzt hält wieder die zeitgenössische Keramik Einzug.
Neben dem Material Keramik finden wir Parallelen, die sich ergeben durch die
Wahl der Farbgestaltung.
Ägyptisch Blau - das Farbpigment der Götter und Seladon- und Ochsenblut Glasuren
auf wertgeschätzten Keramiken schon seit Jahrhunderten.
Betrachten wir die letzten Monate hier im Museum, „antike Figurinen“, die
Dauerausstellung,regionale Keramikgeschichte durch Jahrhunderte
und nun zeitgenössische Keramik von JochenRüth.
Kunst und Kultur die lebendig war und bleibt, Bilder der Zeit und darüber
hinaus.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Krumfuß, sehr geehrte Damen
und Herren, liebe Freundinnen und Freunde der Keramik, liebe Ingrid, und vor
allem lieber Jochen
Am vergangenen Freitag ist Jochen Rüth aus Altisheim an der Donau angereist. Im
Gepäck Arbeiten, die einen guten Querschnitt seines Schaffens aufzeigen.
Es freut mich sehr, ihnen und euch heute einen Pendler zwischen Ausdrucksform
und Material, zwischen Tradition und Experiment vorstellen zu können.
Das Pendel schlägt in die eine Richtung, zur klassischen Gefäßform aus und geht
alsbald in die skulpturale Keramikgestaltung über.
An beiden Polen sind Arbeiten entstanden die ein ganz eigenes künstlerisches
Profil aufweisen.
Mit der eigenen Handschrift, Akribie und Neugierde wird jedes Thema einer Seite
bearbeitet.
1992 habe ich den Keramiker Rüth kennen gelernt. Bei meinem ersten Besuch am
Hummelberg in Mörnsheim war ich beeindruckt.
Beeindruckt von den Gefäßen, Gefäßobjekten und ebenso davon, wie Jochen Rüth
seine Keramiken präsentierte.
Die klare, ruhige Formensprache - und dennoch starke Ausstrahlung und Präsens
der Arbeiten bestachen.
Formen in ihrer Vollendung können faszinieren.
Darüber hinaus wurde bei den Rüth-Arbeiten wieder einmal deutlich, das Glasur
viel mehr ist als nur die Farbe zum anstreichen.
Hierin bestand und besteht für den Keramiker denn auch immer wieder eine
besondere Herausforderung.
Der Porzellan-oder Steinzeugkörper soll die passende Haut, sprich Glasur,
erhalten.
Es sind die Glasurklassiker der chinesischen und japanischen Kultur, die Rüth
begeistern und reizen.
Rezepturen werden ausprobiert, verändert, verworfen und wieder neu entwickelt.
Unendliche Brennproben werden gezogen.
Verzweiflung und Begeisterung liefern sich ein Wechselspiel.
Die Alchimisten Seele jubelt nach gelungenem Ergebnis.
Diese Ausstellung zeigt Gefäße mit Ochsenblutglasur, leuchtend rot und glänzend
mit Tiefe.
Eine Tiefe, in die wir hinein tauchen können, weist auch die Seladonglasur auf.
Für die Chinesen eine Farbvariante, die an Jade erinnert.
Scherben, meist Porzellan, und Glasur bilden eine Einheit.
Hier sehen wir einige Male einen breiten glasurfreien Gefäßfuß, darauf stoppt
ein dicker Glasurfluss und bildet oft einen abgerundeten Tropfen, der im
Glasurfluss erstarrt ist.
Das Gefäß als Ganzes wird in Einzelteile gegliedert, Körper und Oberfläche
stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Glasur ist nicht nur Dekor.
Auf der ansprechenden Einladungskarte zu dieser Ausstellung sind auf der
Vorderseite Gefäße abgebildet.
Diese Oberflächengestaltung fand in der japanischen Keramik ihren Ursprung.
Seit Langem experimentiert Jochen Rüth an und mit der Shino-Glasur.
Die Masse, auf die seine entwickelte Glasur aufgebracht wird, besteht wie immer
aus eigens aufbereitetem Material.
Porzellan und Steinzeugton, dann aber auch immer wieder Mischungen aus beiden
Massen.
Ein gebranntes Shino-Schälchen besticht durch Optik, darüber hinaus durch seine
Haptik.
Weich und schmeichelnd liegt es in der Hand.
Shino, ist die Glasur, die mir auch immer ein „lecker“ entlockt. Je nach
Auftragsstärke der Glasur erinnert sie an Zuckerguß oder auch an Karamell.
Geschätzt wurde und wird in Japan besonders die weißglasierte Shino-Keramik.
Die optischen und besonders haptischen Eigenschaften führten dazu, dass dieser
Keramiktyp besonders beliebt für die Teekeramik wurde.
In dieser Präsentation finden sie sowohl weißliche wie rötliche Shinos.
Karamellfarben, beziehungsweise orange/rötlich schimmernde Shinos werden in
Japan mit „hi-iro“ bezeichnet, Feuerfarbe.
Feuerfarbe, Feuerspuren werden deutlich sichtbar auf weiteren Arbeiten des
Keramikers Rüth.
Hidasuki wird diese Oberflächengestaltung benannt.
Ähnlich einer Kalligraphie ziehen sich strichartig Feuerspuren über einen
Gefäßkörper.
Beim Entstehungsprozess werden Stücke durch Stroh voneinander getrennt und
ineinander gestellt.
Sie werden mit Stroh umwickelt oder in Stroh gelegt.
Eine „Feuerkalligrafie“ entsteht bei einer Temperatur von 1250 Grad.
Alkalische Inhalte des Strohs zeichnen durch das Zusammenspiel von Eisenoxid im
Ton die Keramiken.
Gewusst wie, gewusst warum - dieser Frage geht Jochen Rüth bei seiner
Gefäßgestaltung immer wieder nach.
Er schafft es bei und mit seinen Glasuren und Feuerzeichnungen durch trockene,
chemische Prozesse
und vielen Versuchsreihen eine unglaubliche Anziehungskraft hervorzurufen.
Das Pendel schlägt in die andere Richtung aus.
Wir sehen von gleicher Hand geschaffen „skulpturale Vasen“ wie Jochen Rüth seine
Objekte bezeichnet.
Sie erinnern an bizarr geformtes Holz, an Hochofenschlacke, Lavabrocken oder
zerborstene Quaderblöcke, rußgeschwärzt.
Der Natur auf der Spur oder treffender der Natur entnommen.
Der Werkstoff ist Erde, zumeist Steinzeugmasse.
Den „skulpturalen Vasen“ den Objekten ist deutlich anzusehen, mit welchem
Kraftaufwand, mit welcher schnellen aktiven Formumsetzung Rüth arbeitet.
In der Malerei gibt es den Begriff „Action painting“ hier könnte von „action
forming“ gesprochen werden.
Rüth hat eine Konzept im Kopf, die unterschiedlichsten Faktoren bestimmen ein
Ergebnis jedoch mit.
Kraftvoll und konzentriert bearbeitet Jochen Rüth die formbare Masse. Mit
Kanthölzer wird beklopft und durchbohrt.
Es wird mit Werkzeugen geschabt und strukturiert.
Teilweise wird mit Schocktrocknung gearbeitet, so zu sehen bei den
„Quaderblöcken“.
Die Flamme eines Gasbrenners wird auf die feuchte Oberfläche gehalten und platzt
partiell ab und auf.
Auch dieser Prozess unterliegt einem gesteuerten Zufall.
Das Erscheinungsbild eines Objektes wird maßgeblich beeinflusst vom Brand.
In der Regel durchläuft jedes Objekt zwei Brände.
Der Erste bei 950 Grad, nach einer Abkühlphase werden sie dann für eine Zeit in
eine Salzlauge gelegt.
Nach sorgfältiger Trocknung kommt dann bei 1300 Grad der 2. Brand, die
Vollendung einer Prozessreihe.
Der Scherben versintert,
Glanzverschmelzung durch Einsatz von Salz ist entstanden.
Schroff und schrundig stehen die Objekte da, kraftvoll und sehr präsent.
Objekte durchaus mit Gebrauchsqualität, halt „skulpturale Vasen“.
Vor 30 Jahren, 1992, habe ich Jochen Rüth und seine Arbeiten
kennen gelernt.
Zwei Jahre zuvor gab es eine erste Auszeichnung für den jungen Rüth. Er bekam
den zweiten Preis beim Richard Bampi Wettbewerb,
vergeben an junge Keramiker und Keramikerinnen unter 30 Jahren für
bemerkenswerte Arbeiten.
32 Jahre liegt das zurück, zwischenzeitlich hast du viele weitere nationale und
internationale Auszeichnungen für deine Keramiken erhalten.
Deine Arbeiten befinden sich in privaten und öffentlichen Sammlungen.
Biografische Daten lassen sich wunderbar nachlesen, darum jetzt hier keine
Auflistung.
Fast 30 Jahre lebst du jetzt in Altisheim, in Donaunähe.
Eine alte Schreinerei wurde aus- und umgebaut und ist Arbeits-und
Lebensmittelpunkt.
An deiner Seite deine Frau Christine und die Töchter Laura, Leonie und Felicia.
Du bist der Keramiker, mit dem ich wahrscheinlich am häufigsten telefoniere.
Jetzt ist es schön dich nach 5 Jahren wieder einmal persönlich zu treffen bei
dieser Ausstellung mit treffendem Titel:
„Jochen Rüth - Gefäße“
Ich danke für ihre Aufmerksamkeit und ihr Stehvermögen